Los 47 | Christo und Jeanne-Claude | Wrapped Reichstag (Project for Berlin)

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Auktionsergebnisse zu: Christo und Jeanne-Claude
CHRISTO UND JEANNE-CLAUDE
1935 Gabrovo - 2020 New York / 1935 Casablanca - 2009 New York

Titel: Wrapped Reichstag (Project for Berlin). 2-teilig.
Datierung: 1994.
Technik: Kreide, Fotos und Stoff collagiert auf Karton.
Montierung: Auf Holz montiert.
Maße: Oberes Panel: 38 x 244cm; unteres Panel: 106,5 x 244cm.
Bezeichnung: Signiert und datiert auf dem oberen Panel: Christo 1994. Zudem jeweils am Rand mit zusätzlichen Projektangaben versehen. Verso jeweils mit dem Copyright des Künstlers versehen sowie datiert und mit Hängeanleitung.
Rahmen/Sockel: Im originalen Plexiglasrahmen.

Dem Werk liegt ein signierter Brief von Christo und Jeanne-Claude bei.

Die Arbeit ist bei der Christo and Jeanne-Claude Foundation, New York, verzeichnet. Wir danken Herrn Matthias Koddenberg für die freundliche, wissenschaftliche Unterstützung.

Provenienz:
- Bremer Landesbank (1995 direkt vom Künstler erworben)

Literatur:
- Lohmüller, Matina/ Schmidt, Sabine Maria (Hrsg.): Augenblicke. Zeitgenössische Kunst der Norddeutschen Landesbank, Köln 2019, S. 47, Abb.


- "Wrapped Reichstag" gehört zu den Hauptwerken des Künstlerpaares
- Das großformatige 2-teilige Werk zeugt von der akribischen und einzigartigen Arbeitsweise des Duos

Die Kunst des Verhüllens
Das kongeniale Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude setzt im Laufe seiner Jahrzehnte währenden Zusammenarbeit zahlreiche Großprojekte gemeinsam um. Schon zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn, während der Zeit in Paris, entwickelt Christo die Grundlagen für das spätere Arbeitsprinzip des Verhüllens. Unter dem Einfluss von Marcel Duchamp und französischer Kunstströmungen wie dem Surrealismus bzw. der Gruppe "Nouveau Réalisme", die gefundene Alltagsgegenstände zum Kunstobjekt erklären oder diese in ihre Kunstwerke integrieren, verhüllt Christo schon 1958 alltägliche Dinge mit Stoff oder durchsichtigem Kunststoff und verschnürt sie.
In Paris lernt er auch über einen Porträtauftrag der Mutter Jeanne-Claudes seine Partnerin kennen, die zur engen Beraterin und genialen Organisatorin avanciert. Die Größenverhältnisse der frühen Kunstwerke sind zunächst noch überschaubar, aber schon 1961 beginnt der Künstler seine Arbeiten in völlig neue Dimensionen zu überführen. Dabei kristallisieren sich zwei Stränge heraus: zum einen die Verhüllung von Architekturen, zum anderen direkte Eingriffe in die Landschaft und den öffentlichen Raum. Alle Projekte in der Folge werden von Christo und Jeanne-Claude in künstlerischer Freiheit, unabhängig von Sponsorengeldern, allein durch den Verkauf von Zeichnungen, Collagen, Grafiken und Fotos finanziert, die Jahre vor der Realisierung entstehen. Die Projekte selbst sind von ephemerer Natur und haben nur eine begrenzte Laufzeit, bevor sie wieder zurückgebaut werden. Dennoch erlangen sie eine große Öffentlichkeit und hinterlassen einen bleibenden Eindruck im kollektiven, gesellschaftlichen Gedächtnis weltweit. Die medienwirksamen Inszenierungen sowie die einem Happening ähnelnden Aufbauphasen tragen dazu bei.

Das Wunschprojekt Reichstag
Der Verhüllte Reichstag zählt bis heute zu den bedeutendsten Projekten des Künstlerpaares. Im Rahmen des Projektes, dessen Realisierung von der initialgebenden Idee durch den amerikanischen Historiker und Journalisten Michael S. Cullen bis zur Genehmigung und Umsetzung fast ein Vierteljahrhundert dauert (1971-1995), wird das Reichstaggebäude in Berlin vom 24. Juni bis 07. Juli 1995 vollständig mit aluminiumbedampftem Polypropylengewebe verhüllt. Mit rund 5 Millionen Besucherinnen und Besuchern zählt das Projekt bis heute zu den spektakulärsten Kunstwerken im öffentlichen Raum.
In einem Interview aus dem Jahr 1995 beschreibt Christo sein besonderes Interesse an dem Gebäude: "Ich hatte schon früh eine sehr persönliche Beziehung zum Reichstag, weil ich aus Osteuropa stamme. Ich entkam dem Kommunismus in den späten 50er Jahren, und für mich war die Beziehung zum Westen immer etwas Besonderes. Hätte es keinen Kalten Krieg gegeben, wäre ich wahrscheinlich nicht hier, sondern noch in meiner Heimat Bulgarien. Berlin war schon damals für Künstler und Architekten der dramatischste Ort der Welt, an dem sich Ost und West treffen." (Christo in einem Interview zit. nach Braun, Markus/Braun, Matthias (Hrsg.): Copernicus - Ansichten aus Wissenschaft, Politik, "project wrapped reichstag - unwrapped", Berlin 1995, o.S.).

Erinnerungen an Vergängliches
Zwei Wochen lang bleibt schließlich das Reichstagsgebäude mit aluminiumbedampftem Polypropylengewebe und blauen Polypropylenseilen "verpackt". Diese zeitliche Begrenzung der Betrachtung und des Erlebens, die für all ihre Arbeiten im Freien besteht, ist werkimmanent. "Mit der zeitlichen Begrenzung fordern wir die Unvergänglichkeit heraus. Kunst im Allgemeinen ist unsterblich. In unseren Arbeiten hingegen steckt auch Abwesenheit und Vergessen. Man wird unsere Werke morgen vermissen, deshalb ist es so dringend, daß sie gesehen werden. Diese Zerbrechlichkeit und Verletzbarkeit wird durch den Stoff ausgedrückt. Die Hüllen geben dem Werk seine nomadische Qualität. Wie Nomaden arbeiten wir im Freien. Die Verwandlung muss für sehr kurze Zeit sein, denn Verwandlung ist etwas Vorübergehendes, man kann sich nicht daran gewöhnen. Zum Schluß steckt in jedem Projekt natürlich ein Stück Freiheit: Niemand kann es sich kaufen, niemand kann es kontrollieren, und niemand es besitzen." (Ebd.)
Von der kurzzeitigen Verwandlung bleiben schließlich u.a. Collagen zurück, für welche die hier vorliegende außergewöhnlich großformatige, 2-teilige Arbeit ein wunderbares Beispiel ist. Sie stammt aus dem Jahr 1994, dem Jahr, indem der Bundestag nach langanhaltenden Debatten und zahlreichen Besuchen des Künstlerpaares die Zustimmung zur Umsetzung gab. Die Arbeit ist ein spektakuläres Beispiel der akribischen und einzigartigen Arbeitsweise von Christo und Jeanne-Claude und kombiniert wie gewohnt im oberen Element eine topographische Darstellung der räumlichen Gegebenheit mit einer beeindruckenden zeichnerischen und collagierten Umsetzung des Projektes im unteren Element. Sie führt uns vor Augen, was einst im Großen zu sehen war: Der Stoff, der sich wie eine Haut um den Reichstag schmiegt und das üppige Fließen seiner vertikalen Falten, das die Bestandteile und Proportionen des Bauwerkes und dessen wesentlichen Merkmale herausstellen. Und noch einmal erzählt die subtile Verhüllung von der Schönheit und Aussagekraft eines Bauwerkes, das bedeutende Geschichte in sich trägt. So bleibt das Vergängliche doch in Erinnerung und gerät nicht in Vergessenheit.

Ansprechpartner/Ansprechpartnerin:
Hilke Hendriksen
Modern, Post War & Contemporary Art
+49 221 92 58 62 305

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Inventar Nummer: 79500-73

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