Los 231 | Felix Schlesinger | Familie bei der Andacht

SCHLESINGER, FELIX
Hamburg 1833 - 1910

Titel: Familie bei der Andacht.
Technik: Öl auf Holz.
Maße: 65 x 46cm.
Bezeichnung: Signiert unten links: F. Schlesinger.
Rahmen: Rahmen.

Provenienz:
Privatbesitz, Deutschland.

Von feierlichem Ernst erfüllt ist diese kleine Familienszene, die sich in einem Kircheninterieur zwischen Beichtstuhl, Opferstock und Altar abspielt. Drei Generationen sind hier zur Andacht versammelt, Großeltern, Tochter und Enkelkind, allesamt herausgeputzt in ihrer Sonntagstracht. Vielleicht steht die Erstkommunion des Mädchens bevor, das wie seine Großmutter einen Rosenkranz zwischen seinen kleinen Händen hält, die es achtsam faltet, um zum "lieben Gott" zu beten. Die Erwachsenen halten alle eine Bibel in der Hand, deren Inhalte das Kind bald selbst wird lesen lernen. In seinem Blick drückt sich zaghafte Neugier aus und der erste Schritt nach vorne ist, mit sachter Unterstützung der Mutter, schon gemacht. Der jungen Frau ist die Sorge um das Kind und die bange Erwartung einer ungewissen Zukunft ins Gesicht geschrieben. Demütig und fromm kniet sie vor Gott. Anders die Großmutter, die sanft, liebevoll und voller Gottvertrauen ihre Augen zum Altar richtet. Aufrecht im Hintergrund stehend, strahlt sie Geborgenheit und mütterliche Gelassenheit aus und ist der eigentliche Rückhalt der Familie. Den Kreis schließt der Großvater, der als einziger auf der Kirchenbank Platz genommen hat und sich als regelrechte Randfigur schon nicht mehr ganz im Bild befindet. Im übertragenen Sinn steht er als transzendente Figur schon an der Schwelle zum Lebensende. Sein Kopf ist den Frauen zugewandt, aber sein müder Blick geht ins Leere. Dass die frisch polierten Knöpfe an seinem roten Wams sich nicht mehr schließen lassen, kümmert ihn wenig. Er hat sein Werk im Diesseits vollbracht, ist bereit für seine Abberufung, während seine Enkelin neben ihm sich gerade bereit macht, die heiligen Sakramente zu empfangen.

Felix Schlesinger, der an der Düsseldorfer Akademie, in Antwerpen und in Paris studierte und sich später in München niederließ, hat sich besonders durch seine sensible Darstellung von Kindern einen Namen gemacht. Das ländliche Leben in seiner bescheidenen Erhabenheit und die kindliche Welt in ihrer liebenswürdigen Kleinteiligkeit weiß er mit großer Lebendigkeit zu schildern. Mit dem vorliegenden Werk ist ihm ein Generationenbild gelungen, das von seiner feinen Beobachtungsgabe zeugt: Jedes Gesicht drückt eine andere Emotion aus. Große Sorgfalt legt der Maler auch in das Kolorit und die Behandlung der Stoffe, deren haptische Qualitäten er mit eindrucksvollem Naturalismus wiederzugeben versteht.