Los 34 | Hanne Darboven | "Der Sand"

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Auktionsergebnisse zu: Hanne Darboven
DARBOVEN, HANNE
1941 München - 2009 Rönneburg

Titel: "Der Sand". 456 Blätter.
Datierung: 1979.
Technik: Jeweils: Tusche auf Pergaminpapier.
Maße: Jeweils 29,5 x 21 cm.
Bezeichnung: Jeweils datiert unten links und fortlaufend nummeriert oben rechts von 1|* - 8| * (Register), dann 1-448.
Betitelt auf Blatt 1: "DER SAND". Nochmals betitelt auf dem letzten Blatt, hier zudem signiert und datiert unten rechts: darboven, 1979.
Rahmen: In Künstlerrahmen. Jeweils: 31 × 22,5cm. Im Rahmen beschrieben.

Provenienz:
- Galerie Elisabeth Kaufmann, Basel/Zürich (1988 direkt von der Künstlerin)
- Privatsammlung Großbritannien

Ausstellungen:
- Rheinisches Landesmuseum Bonn, 1979
- Halle für Internationale Kunst, InK, Zürich 1980
- Martin-Gropius-Bau, Berlin 2003/2004
- Fondation pour l'art contemporain, Claudine et Jean-Marc Salomon, Annecy 2008
- Galerie Kewenig, Köln 2009/10
- Art Basel Unlimited, 2012
- Mu.Zee, Oostende 2014/2015

Literatur:
- Ausst.-Kat. Berlin Moskwa - Moskau - Berlin: 1950 - 2000, Martin-Gropius-Bau, Berlin 2003
- Woithe, Gabriele: Das Kunstwerk als Lebensgeschichte: Zur autobiografischen Dimension bildender Kunst, Berlin 2008, S. 170/186
- Ausst.-Kat. L'ivresse de l'absolute: Pierrette Bloch, Hanne Darboven, Pierre Ferrarini, Roman Opalka, Wolfgang Laib, Nièle Toroni, Claude Viallat, Fondation pour l'art contemporain, Claudine et Jean-Marc Salomon, Annecy 2008
- Ausst.-Kat. Das Meer The Sea La Mer De Zee, Hommage à Jan Hoet, Mu.Zee, Oostende 2014, S. 129, Abb.


- Jean-Claude und Christo brachten Darbovens Kunst auf einen Nenner: "Wir verpacken Dinge, Gebäude und Landschaften - Hanne Darboven Zeit."
- Arbeit aus einer wichtigen Schaffensphase. Es entstehen Schlüsselwerke mit historischen und zeitgenössischen Bezügen wie "Bismarckzeit" 1978, heute im Kunstmuseum Bonn und "Kulturgeschichte 1880 - 1983", heute in der DIA Art Foundation in New York
- Reflexion über Zeitgeschichte und den eigenen Standpunkt in der Informationsflut und den Widersprüchlichkeiten der postmodernen Welt

Zeit über den Schreibprozess sichtbar, um Wirklichkeit erfahrbar zu machen
Hanne Darboven ist eine der außergewöhnlichsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Weiblicher Dandy, Exzentrikerin und eine der wenigen Künstlerinnen ihrer Generation, die sich im internationalen Kunstbetrieb Anerkennung erwerben. Der Spiegel schreibt: "Im Vergleich zu dieser Frau war selbst Beuys Mainstream." (Knöfel, Ulrike "Auf ihre sehr eigene Weise", in: Der Spiegel 36, 2015)

Darbovens Reflexion über die Zeit und das Zeitgeschehen in ihren raumfüllenden Schreibinstallationen gehört zu den wichtigsten Beiträgen der internationalen Konzeptkunst. In ihren Arbeiten verknüpft Darboven Zahlenfolgen und Strukturen, die auf Kalenderdaten basieren, mit einem assoziativen Schreibprozess. Oft beginnt sie mit einem Schlüsselwort, das sich zu einer Assoziationskette entwickelt. Ihre in Schrift übertragenen Gedankenreihen scheinen bewusst gewählt und dann auch wieder nicht. Die Texte sind aus Enzyklopädien und der Tagespresse oder Nachrichtenmagazinen übernommen. So verknüpft Darboven kollektiv anerkanntes Wissen mit hochaktuellen Ereignissen. Man ist versucht, dabei neue Bezüge herzustellen, obwohl Darboven die Texte konsequent nicht kommentiert. Gleichzeitig veranschaulichen ihre u-förmigen Schreibmuster den manuellen Prozess und visualisieren das erstaunliche Ausmaß, das der Akt der selbst ausgeführten Handschrift in ihrer Arbeit einnimmt. Es ist auch die schiere Materialität ihrer Werke, die auf den Betrachter einwirkt.

Internationale Anerkennung und musealer Status
Nach ihrem Studium an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg lebt Darboven zwei Jahre in New York. In dieser für ihre Arbeit prägenden Zeit hat sie wesentlichen Anteil an der Entstehung der Konzeptkunst. In New York knüpft sie Freundschaften mit Künstlerkollegen wie Sol LeWitt, Lawrence Wiener und Carl André. Hanne Darboven erhält bereits in jungen Jahren internationale Aufmerksamkeit. 1967 hat sie ihre erste Einzelausstellung in der Galerie Konrad Fischer in Düsseldorf. 1969 nimmt sie als eine von nur drei Frauen an der wegweisenden von Harald Szeemann kuratierten Ausstellung "Live in your head. When Attitudes Become Form" in der Kunsthalle Bern teil. Bemerkenswert an Hanne Darbovens Werdegang ist u.a., dass sie sich vor allem in den USA früh Anerkennung erwirbt. Von 1973 bis in die 1990er Jahre stellt sie in der Galerie von Leo Castelli in New York aus. Sie nimmt 1972, 1977, 1982 und 2002 an der documenta teil. 1982 vertritt Hanne Darboven Deutschland auf der Biennale di Venezia.

In den großen Retrospektiven 2015 thematisiert das Haus der Kunst in München Hanne Darbovens Nähe zur Gedankenwelt der Aufklärung. Die Bundeskunsthalle in Bonn präsentiert "Zeitgeschichten" und beleuchtet die lebenslange Auseinandersetzung der Künstlerin mit Geschichte und politischen Ereignissen.

Der Sand - Kein Erfassen von Zeit ohne Geschichte
Die Arbeit "Der Sand" bildet eine Zeitkapsel, die durch das Register am Anfang und am Ende umschlossen wird. Die Kalenderdaten des Jahres 1979 dienen als Struktur. Jedes Blatt bezieht sich auf einen Tag aus dem Jahr 1979. Das Register skizziert den Inhalt der Arbeit, enthält die Quellenangaben der abgeschriebenen Texte und die Angabe, wo Darbovens Abschrift in der Arbeit erscheint.

Das Werk entsteht im Zeitraum von 01.01.1979 bis 07.07.1979. In dieser real beim Schreiben erlebten Zeit notiert Darboven Texte aus verschiedenen Quellen sowie Tagesrechnungen. Die Blätter, die das erste Halbjahr dieses Jahres umfassen, sind gefüllt mit Texten aus Enzyklopädien und Zitaten aus Interviews, die im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" veröffentlicht oder im Fernsehen gezeigt wurden, sowie Texten aus "La mare du diable" von George Sand und Liedern von Karl Valentin und Marlene Dietrich ("Sag mir wo die Blumen sind").

Auf das Register zu Beginn von "Der Sand" folgt der Brockhaus-Eintrag über die französische Schriftstellerin George Sand. In der Folge fügt Darboven dem Wort "Sand" weitere Begriffe zum Thema "Sand" hinzu, wie "Sandmann", "Sandpflanze", "Sandmodell". "Sanduhr" führt sie schließlich zum Wort "Chronos", dem griechischen Gott der Zeit. Mit der Abschrift eines Interviews mit Ursel Lorenzen steht dann im weiteren Verlauf der brisante Konflikt zwischen Ost und West während des Kalten Krieges unvermittelt neben der Ebene enzyklopädischen Wissens. Lorenzen, eine Mitarbeiterin des NATO-Generalsekretärs, setzt sich im März 1979 in die DDR ab, als sie mit ihrer Enttarnung als Agentin der Stasi rechnen muss. Der Begriff "Sand" kann auch biografische Assoziationen wecken. Hanne Darboven wächst südlich der Elbe in der Nähe von Harburg auf, wo sie mit ihren Eltern in der Nähe eines kleinen Marktplatzes namens "Sand" lebte.

Es sind auch dieser Wechsel und die Verknüpfungen zwischen verschiedenen Ebenen, die Hanne Darboven als eine der faszinierendsten Konzeptkünstlerinnen auszeichnen. Der Hintergrund, der mit den zitierten Texten in ihren Werken verknüpft sein kann, erscheint als Gegensatz zu Darbovens konzeptuellem Schreiben, der rhythmischen Abfolge ihrer handschriftlichen Loops. Zugleich äußert sich die Künstlerin nicht zu ihren Abschriften und ihrer eigenen Verortung hierin gemäß ihrem Motto "ich schreibe, aber ich beschreibe nichts", so dass die Wiedergabe von Äußerungen Dritter auch irritierend beliebig wirken kann. (Vgl. www.hanne-darboven.org/stiftung)

Hanne Darboven lässt offen, in welchem Verhältnis in ihrem Werk der Fokus auf Ordnungssystemen und seriellen Prozessen, erfasst über ihr eigenes numerisches Schema, zu einer über die Form hinausgehenden Gedankenwelt steht. Ihr umfangreiches Oeuvre kann andeuten, dass Kunst weder reiner Inhalt noch bloße Form ist, sondern ein Tor öffnet zur Reflexion über Zeitgeschichte und den eigenen Standpunkt in der Informationsflut, den Widersprüchlichkeiten und dem Chaos der postmodernen Welt.

Ansprechpartner/Ansprechpartnerin:
Hilke Hendriksen
Modern, Post War & Contemporary Art
+49 221 92 58 62 305

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Inventar Nummer: 81209-17

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