Los 1058 | Silvestro Chiesa | Mönch beim Gebet

CHIESA, SILVESTRO
Genua 1623 - 1657


Titel: Mönch beim Gebet.
Technik: Öl auf Leinwand.
Montierung: Doubliert.
Maße: 68 x 54cm.
Rahmen/Sockel: Rahmen.

Gutachten:
Anna Orlando, Genua, September 2021, liegt in Kopie vor.

Provenienz:
Privatbesitz, Belgien.

Das hier angebotene noch unveröffentlichte Gemälde kann aus der Anonymität hervorgeholt werden, da die stilistischen Merkmale eindeutig auf die Genueser Schule hindeuten, genauer gesagt auf den Maler Silvestro Chiesa, dessen Oeuvre nun um ein Werk erweitert werden kann.
Dies ist eine wichtige Entdeckung, da nur wenige Arbeiten dieses talentierten und naturalistischen Malers der Genueser Schule bekannt sind, zum einen, weil er "in seiner Jugend" während der Pest von 1657 starb, wie sein erster Biograf Raffaele Soprani erinnert (Le Vite de' Pittori. 1657, S. 217), zum anderen, weil viele seiner Werke noch unentdeckt sind, fälschlicherweise anderen Künstlern zugeschrieben werden oder in der Anonymität verbleiben, wie es auch lange der Fall bei dem hier vorliegenden Gemälde war.
Dennoch hatte Chiesa zu seiner Zeit "großen Erfolg", wie Soprani weiter beschreibt. Der Biograf erwähnt einige seiner Werke, die in Genua für die Kirchen der Padri delle Scuole Pie und der Nostra Signora dei Servi konzipiert wurden. Eines davon ist vollständig erhalten geblieben und stellt angesichts der zuverlässigen Zuschreibung Sopranis eine Orientierungshilfe für die Rekonstruktion seines Ouvres dar. Hierbei handelt es sich um ein Altarbild, welches heute in den Museen der Strada Nuova im Palazzo Bianco in Genua ausgestellt wird und den seligen Gioacchino Piccolomini bei der Heilung eines epileptischen Jungen zeigt. Einige stilistische sowie technische Details - von der Farbe der Grundierung über die auf erdige Brauntöne ausgerichtete Palette bis hin zur Darstellung der Draperie und der Art und Weise, wie die Hände ausgeführt wurden - sind dem Schlüsselwerk von Silvestro Chiesa sehr ähnlich und erlauben die künstlerische Zuordnung des uns vorliegenden Gemäldes. Der kraftvolle Naturalismus, der den Stil dieses Meisters kennzeichnet, ist auch hier offensichtlich. Dies kann ebenfalls an dieser beispiellosen, ausdrucksstarken Figur des betenden Mönches mit ihrem überzeugenden Naturalismus erkannt werden. Es ist ein Naturalismus, welcher sich auch in dem wenig bekannten, museal aufbereiteten Werk "Das Leiden des Hiob" in der Finnischen Nationalgalerie in Helsinki wiederfindet.
Noch überzeugender ist die Chiesa zugeschriebene Darstellung des blinden Homer, der seine Verse in der Galleria Sabauda in Turin diktiert. Auch in diesem Fall lassen sich deutliche Vergleiche anstellen, sowohl hinsichtlich der allgemeinen Stimmung der beiden Werke, die auf einem zweifellos realistischen Ansatz beruhen, wenn auch durch Sentimentalität abgeschwächt, als auch hinsichtlich bestimmter Details in der Ausführung.
Weiterhin typisch für Silvestro Chiesa ist die Darstellung der Draperie. Die deutlichen und eindringlichen Falten lassen suggestive Licht- und Schattenspiele entstehen.
Chiesa besaß die Kunst den Realismus Caravaggios mit dem ruhigeren und sentimentalen Ansatz vieler Genueser - von Giovanni Andrea De Ferrari bis Gioacchino Assereto, von Orazio De Ferrari bis Luciano Borzone (letzterer war nicht zufällig sein Meister) - zu verbinden.

Wir danken Anna Orlando, Genua, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes auf Grundlage einer hochauflösenden Digitalfotografie vorgeschlagen hat.