
Los 17 | Wolfgang Mattheuer | "Abendsonne hinter zwei Birken"
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MATTHEUER, WOLFGANG
1927 Reichenbach/Vogtland - 2004 Leipzig
Titel: "Abendsonne hinter zwei Birken".
Datierung: 1986.
Technik: Öl auf Hartfaser.
Maße: 101 x 126cm.
Bezeichnung: Signiert, datiert und betitelt verso oben rechts: W. Mattheuer 1986/9 "Abendsonne hinter zwei Birken".
Rahmen/Sockel: Rahmen.
Provenienz:
- Galerie Brusberg, Berlin
- Unternehmenssammlung Deutschland (1999 von Vorheriger erworben)
Literatur:
- Mattheuer, Wolfgang/Michels, Stefanie: Wolfgang Mattheuer - Bilder als Botschaft: Werkverzeichnis der Gemälde 1950-2003, Leipzig 207, Leipzig 2007, WVZ.-Nr. G86/10
- Werk mit hoher Symbolkraft, den Wunsch nach Freiheit versinnbildlichend
- Die sich auffächernden Farben zaubern ein wunderbar flirrendes Farbenspiel
- In der für die Landschaften des Spätwerks typischen Darstellungsweise
Inspiration Vogtland
Die idyllische hügelige Gegend rund um Wolfgang Mattheuers Heimatstadt Reichenbach im Vogtland, in der er 1927 geboren wird, prägt sich tief in seine Seele ein. So ist es nicht verwunderlich, dass Landschaftsdarstellungen ab den 1960er Jahren zu einem beliebten Sujet seiner Gemälde werden, auch wenn sie eher metaphorisch als topografisch zu verstehen sind. Sie veranschaulichen die Natur, sind aber vielmehr Spiegelbilder innerer wie gesellschaftlicher Zustände.
Die Leipziger Schule
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kann sich Mattheuer ganz der Kunst widmen. Mit 17 Jahren schließt er seine Ausbildung als Lithograph ab, wird dann jedoch eingezogen. Im Krieg wird er verletzt und gerät in Kriegsgefangenschaft, aus der ihm schließlich die Flucht gelingt. Von 1947 bis 1951 studiert er an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, an der er später auch lehren und nachfolgende Generationen inspirieren wird.
Wolfgang Mattheuer wird neben Bernhard Heisig, Werner Tybke und Willi Sitte - gemeinsam oft auch "Viererbande" genannt - zur "Alten Leipziger Schule" gezählt. Dabei handelt es sich nicht um den Namen einer formierten Künstlergruppe, sondern um ein kunsthistorisches Label, da sie alle im selben Jahrzehnt geboren sind und in der ehemaligen DDR gewirkt haben. Mit diesen Künstlern beginnt eine Tradition, die sich in Leipzig fortsetzt und zeitgenössische Künstler wie Neo Rauch, Matthias Weischer, David Schnell, Tim Eitel oder Henriette Grahnert hervorbringt - die sogenannte "Neue Leipziger Schule".
Mattheuers Werk reicht von Malerei über Grafik bis zur Bildhauerei, die seit 1971 Teil seines Oeuvres ist. Seine bekannteste Skulptur "Der Jahrhundertschritt" entsteht 1984. Die Malerei bleibt jedoch sein wichtigstes Medium, in dem er neben den Landschaftsdarstellungen Masken, Fenster sowie mythologische Erzählungen, wie bspw. die Legenden von Sisyphos oder Ikarus als wiederkehrende Motive zeigt.
Der Künstler ist Teilnehmer an der documenta 6 in Kassel (1977) und der Biennale in Venedig (1984). Seine Werke befinden sich in zahlreichen Museen und Sammlungen. Am 7. Oktober 1988, dem Nationalfeiertag der DDR, tritt Mattheuer aus der SED aus und beteiligt sich ab 1989 an den Leipziger Montagsdemonstrationen. Der Künstler stirbt 77-jährig am 7. April 2004 - an seinem Geburtstag. Die Zahl sieben, die in vielen Bildtitel auftaucht, wird so durch seinen Tod noch symbolhafter.
Vorbote der Freiheit
Die hier vorgestellte Arbeit entsteht 1986 und ist ebenfalls von hoher Symbolkraft. Die ihr innewohnende Hoffnung scheint die kommenden Ereignisse bereits (wünschend) vorauszuahnen.
Das Gemälde zeigt zwei Birken vor einem nicht näher zu definierenden Feld, das sich in die Ferne erstreckt, abgelöst von einem bis zum Horizont reichenden schmalen blauen Streifen, der ein Gewässer darstellen könnte. Der Himmel verdunkelt sich hier bereits zum Abendhimmel. Zentral im oberen Bildabschnitt steht die Sonne, genauer: die "Abendsonne", wie der Titel uns verrät.
Die beiden Birken sind derart angeschnitten, dass sie direkt vor den Betrachtenden stehen, diese fast schon personifizieren. Wie zwei sich Umarmende schauen sie - genau wie wir - in die Ferne. Wir sehen einerseits in die Weite einer Landschaft und doch bleibt die Darstellung gleichzeitig flächig. Einem in vielfachen Farben geknüpften Vorhang gleich entfaltet sich ein abstraktes Flirren.
Die Sonne taucht die Szenerie aus dem Hintergrund in ein besonderes Licht, welches die Farben auffächert, sie in pointillistischer Manier in Tupfen neben- und übereinander gesetzt zum Tanzen bringt. Ein zauberhaft vibrierendes Spiel aus Farben zieht uns fasziniert in seinen Bann.
Die durch das Licht in eine wunderbare Abendstimmung getauchte Darstellung strahlt eine spirituelle Kraft aus und zeugt von Mattheuers Bewunderung für Caspar David Friedrich. Die Sonne ist im Oeuvre des Künstlers aber immer auch als Symbol der Hoffnung zu verstehen -derart setzt der Künstler sie des Öfteren metaphorisch ein, vermehrt ab 1989/90. Auch die Wege, die sich häufig durch seine Bildwelten schlängeln untermauern die Zuversicht, denn sie führen nicht selten in Richtung des leuchtenden Gestirns. Die Straße in "Hinter den sieben Bergen" aus dem Jahr 1973 (Abb. 1) führt direkt zur Freiheit. Anstatt des Himmelskörpers schwebt dort im Himmel die weibliche Verkörperung der Freiheit wie wir sie aus Delacroix' bekanntem Werk "Die Freiheit führt das Volk" kennen. Ist dies ein Traum oder Ironie? Oder könnte es Wirklichkeit werden?
Wie ein Hoffnungsschimmer wirkt somit auch die Abendsonne hinter den beiden Birken, die alles in ein optimistisches Licht voller Farben taucht. Die Realität ist im Begriff zu verschwimmen, sich aufzulösen, um sich voller Schönheit neu zusammenzusetzen. Wie ein Vorbote scheint das Gemälde die Freiheit herbeizusehen, die in nur wenigen Jahren nach Entstehung des Werks mit der Wende kommen wird.
1927 Reichenbach/Vogtland - 2004 Leipzig
Titel: "Abendsonne hinter zwei Birken".
Datierung: 1986.
Technik: Öl auf Hartfaser.
Maße: 101 x 126cm.
Bezeichnung: Signiert, datiert und betitelt verso oben rechts: W. Mattheuer 1986/9 "Abendsonne hinter zwei Birken".
Rahmen/Sockel: Rahmen.
Provenienz:
- Galerie Brusberg, Berlin
- Unternehmenssammlung Deutschland (1999 von Vorheriger erworben)
Literatur:
- Mattheuer, Wolfgang/Michels, Stefanie: Wolfgang Mattheuer - Bilder als Botschaft: Werkverzeichnis der Gemälde 1950-2003, Leipzig 207, Leipzig 2007, WVZ.-Nr. G86/10
- Werk mit hoher Symbolkraft, den Wunsch nach Freiheit versinnbildlichend
- Die sich auffächernden Farben zaubern ein wunderbar flirrendes Farbenspiel
- In der für die Landschaften des Spätwerks typischen Darstellungsweise
Inspiration Vogtland
Die idyllische hügelige Gegend rund um Wolfgang Mattheuers Heimatstadt Reichenbach im Vogtland, in der er 1927 geboren wird, prägt sich tief in seine Seele ein. So ist es nicht verwunderlich, dass Landschaftsdarstellungen ab den 1960er Jahren zu einem beliebten Sujet seiner Gemälde werden, auch wenn sie eher metaphorisch als topografisch zu verstehen sind. Sie veranschaulichen die Natur, sind aber vielmehr Spiegelbilder innerer wie gesellschaftlicher Zustände.
Die Leipziger Schule
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kann sich Mattheuer ganz der Kunst widmen. Mit 17 Jahren schließt er seine Ausbildung als Lithograph ab, wird dann jedoch eingezogen. Im Krieg wird er verletzt und gerät in Kriegsgefangenschaft, aus der ihm schließlich die Flucht gelingt. Von 1947 bis 1951 studiert er an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, an der er später auch lehren und nachfolgende Generationen inspirieren wird.
Wolfgang Mattheuer wird neben Bernhard Heisig, Werner Tybke und Willi Sitte - gemeinsam oft auch "Viererbande" genannt - zur "Alten Leipziger Schule" gezählt. Dabei handelt es sich nicht um den Namen einer formierten Künstlergruppe, sondern um ein kunsthistorisches Label, da sie alle im selben Jahrzehnt geboren sind und in der ehemaligen DDR gewirkt haben. Mit diesen Künstlern beginnt eine Tradition, die sich in Leipzig fortsetzt und zeitgenössische Künstler wie Neo Rauch, Matthias Weischer, David Schnell, Tim Eitel oder Henriette Grahnert hervorbringt - die sogenannte "Neue Leipziger Schule".
Mattheuers Werk reicht von Malerei über Grafik bis zur Bildhauerei, die seit 1971 Teil seines Oeuvres ist. Seine bekannteste Skulptur "Der Jahrhundertschritt" entsteht 1984. Die Malerei bleibt jedoch sein wichtigstes Medium, in dem er neben den Landschaftsdarstellungen Masken, Fenster sowie mythologische Erzählungen, wie bspw. die Legenden von Sisyphos oder Ikarus als wiederkehrende Motive zeigt.
Der Künstler ist Teilnehmer an der documenta 6 in Kassel (1977) und der Biennale in Venedig (1984). Seine Werke befinden sich in zahlreichen Museen und Sammlungen. Am 7. Oktober 1988, dem Nationalfeiertag der DDR, tritt Mattheuer aus der SED aus und beteiligt sich ab 1989 an den Leipziger Montagsdemonstrationen. Der Künstler stirbt 77-jährig am 7. April 2004 - an seinem Geburtstag. Die Zahl sieben, die in vielen Bildtitel auftaucht, wird so durch seinen Tod noch symbolhafter.
Vorbote der Freiheit
Die hier vorgestellte Arbeit entsteht 1986 und ist ebenfalls von hoher Symbolkraft. Die ihr innewohnende Hoffnung scheint die kommenden Ereignisse bereits (wünschend) vorauszuahnen.
Das Gemälde zeigt zwei Birken vor einem nicht näher zu definierenden Feld, das sich in die Ferne erstreckt, abgelöst von einem bis zum Horizont reichenden schmalen blauen Streifen, der ein Gewässer darstellen könnte. Der Himmel verdunkelt sich hier bereits zum Abendhimmel. Zentral im oberen Bildabschnitt steht die Sonne, genauer: die "Abendsonne", wie der Titel uns verrät.
Die beiden Birken sind derart angeschnitten, dass sie direkt vor den Betrachtenden stehen, diese fast schon personifizieren. Wie zwei sich Umarmende schauen sie - genau wie wir - in die Ferne. Wir sehen einerseits in die Weite einer Landschaft und doch bleibt die Darstellung gleichzeitig flächig. Einem in vielfachen Farben geknüpften Vorhang gleich entfaltet sich ein abstraktes Flirren.
Die Sonne taucht die Szenerie aus dem Hintergrund in ein besonderes Licht, welches die Farben auffächert, sie in pointillistischer Manier in Tupfen neben- und übereinander gesetzt zum Tanzen bringt. Ein zauberhaft vibrierendes Spiel aus Farben zieht uns fasziniert in seinen Bann.
Die durch das Licht in eine wunderbare Abendstimmung getauchte Darstellung strahlt eine spirituelle Kraft aus und zeugt von Mattheuers Bewunderung für Caspar David Friedrich. Die Sonne ist im Oeuvre des Künstlers aber immer auch als Symbol der Hoffnung zu verstehen -derart setzt der Künstler sie des Öfteren metaphorisch ein, vermehrt ab 1989/90. Auch die Wege, die sich häufig durch seine Bildwelten schlängeln untermauern die Zuversicht, denn sie führen nicht selten in Richtung des leuchtenden Gestirns. Die Straße in "Hinter den sieben Bergen" aus dem Jahr 1973 (Abb. 1) führt direkt zur Freiheit. Anstatt des Himmelskörpers schwebt dort im Himmel die weibliche Verkörperung der Freiheit wie wir sie aus Delacroix' bekanntem Werk "Die Freiheit führt das Volk" kennen. Ist dies ein Traum oder Ironie? Oder könnte es Wirklichkeit werden?
Wie ein Hoffnungsschimmer wirkt somit auch die Abendsonne hinter den beiden Birken, die alles in ein optimistisches Licht voller Farben taucht. Die Realität ist im Begriff zu verschwimmen, sich aufzulösen, um sich voller Schönheit neu zusammenzusetzen. Wie ein Vorbote scheint das Gemälde die Freiheit herbeizusehen, die in nur wenigen Jahren nach Entstehung des Werks mit der Wende kommen wird.
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Inventar Nummer: 80775-5